Imkerei anderswo

BIENEN-ZEITUNG 9/1997

Die “Apicoltura  Mantovani“ kam vom Sohn zum Vater

Berchtold Lehnherr, Krattigstrasse 55, 3700 Spiez

Marco und Divo Mantovani führen in San Vincenzo in der Toscana einen für italienische Verhältnisse mittelgrossen Imkereiberieb und schleudern rund 8 Tonnen Honig, gewinnen Propolis, Pollen und Wachs und stellen Völker zu Bestäubungszwecken in die Melonenfelder. Interessantetweise sprang der Funken zur Imkerei von Sohn Marco auf Vater Divo über.
Von 20 Jahren begann Marco Mantovani zu imkern. Der Computer-Ingenieur interessierte sich stets für Insekten, hielt sie in allerlei Schuhschachteln und kam schliesslich zur Imkerei, in der heute auch sein Vater Divo mitarbeitet. Denn 200 Völker geben einiges zu tun, und die Wanderung bewerkstelligen Vater und Sohn zu zweit.

Wanderung in die Blütentrachten

Im Frühling verstellen Mantovanis die Völker in den Norden der Toscana, um Akazienhonig zu gewinnen. Danach geht es nach Süden in die Kastanientracht. Die vollen Honigwaben werden nach Hause gebracht und in San Vincenzo im „Laboratorio“ maschinell entdeckelt und geschleudert. Je nach Blütensaison kommen die  Völker in die Felder mit Süssklee, „Sulla“ ( Hedysarum coronarium), in die Sonnenblumen oder in die Küstenlagen mit Macchiagebüsch, Erika und Wach holdersträuchen, die im Herbst blühen und den bitteren Corbezzolohonig geben.

Vielfalt von Honigsorten

„Dieses Jahr honigten die Brombeeren recht gut“, berichtet Marco. Brombeerenhonig heisst „miele di rovo“ und kandiert wie der Eucalyptushonig feincremig. Durchschnittlich ernten Mantovanis 40 kg Honig pro Volk und verkaufen ihren Honig nach Sorten getrennt in 250- und 500-g-Gläsern, die der Computerfachmann Marco mit einer selber entworfenen Etikette versieht und die Deckel mit einem eigenen Streifen versiegelt. Wie in andern EU-Ländern ist die Angabe der Serie mit einer Lot-Nummer (z.B.“MF 96“ für „Mille fiori 96“) neben dem empfohlenen Verzehrdatum (2 Jahre nach dem Datum der Schleuderung ) sowie die Namenangabe obligatorisch.Auf Mantovanis Etikette steht aber neben der Herkunftsangabe auch die Honigsorte:“Acacia, Macchia, Castagna, Erica, Ecalypto, Sulla, Girasole, Mille fiori, Corbezzolo“. Neuerdings mischt Marco Mantovani auch pulverisiertes Propolis in den Blütenhonig (zirka 5 g auf 250 g Honig) und verkauft diesen als Propolishonig zur Stärkung der Abwehrkraft. „Wozu ist denn der Corbezzolohonig besonders gut?“, erkundigt sich eine Kundin im schön eingerichteten Verkaufslokal beim „Laboratorio“, das alle Samstagnachmittage geöffnet hat.-“Einfach zum Essen“, antwortet Divo Mantovani. Der höhere Preis dieses speziellen Honigs liegt in seiner Rarheit begründet. Nur auf Sardinien, Korsika und an den Küstengegenden in der Toscana kann man ihn gewinnen. Dessen Bitterstoffe sind vergleichbar mit denjenigen des Kastanienhonigs, die gegen Erkältungen besonders wirksam sind. Auch Propolistinktur, gereinigter Blütenpollen und Scheibenhonig in formschönen Kunststoffdosen sind im Verkaufsladen ausgestellt, wo sich auch die Honiggläser auf den Regalen sehr schön präsentieren. 

Bienenareal mit dem „Laboratorio“

„Wir haben uns das Holzhaus mit Büro und Verkaufslokal selber gezimmert“, berichtet Marco, „auf der Kombi-Kreissäge schneiden wir auch die Wabenrähmehen zu und die Dadant-Honigaufsätze.“ Im Lagerschuppen stapeln sich die Leermagazine mit den geschleuderten Honigwaben, z.T. Mit Mittelwänden. „Als Mottenschutz verwenden wir nicht mehr die Paradichlorbenzol-haltigen Kugeln, sondern schwefeln die aussortierten Honigwaben einmal“, sagt Marco Mantovani, der in Perugia Bienenzuchtkurse absolviert hat und heute drei Provinzen in der Region Toscana als Bienenzuchtberater betreut.Diese Arbeit sei nicht bezahlt, berichtet uns der versierte Imker , doch mache der Kontakt zu andern Imkern Spass, wenngleich es nich immer einfach sei, die Kollegen auf Krankheiten oder Rückstandsprobleme im Wachs aufmerksam zu machen, wie dies eben beim Paradichlorbenzol der Fall sei.“Gegen die Varroa behandeln wir mit Api Life Var“, fährt er fort, „dieses Mittel wurde ja auch in der Schweiz mit Erfolg getestet.-Natürlich gehört auch die Ablegerbildung dazu.“In einem zweiten Schuppen lagern unzählige Fünfwaben-Ablegerkistehen, die Dadant-Brutwaben  aufnehmen, und zwar solehe mit Gitterböden und dünnen Sperrholzwänden für Kunstschwärme und Brutableger im Sommer sowie andere aus dickerem Holz und ohne Gitter zur Überwinterung der Jungvölker auf fünf Dadant-Brutwaben. Mantovanis züchten nicht nur viele Königinnen auch Gelée Royale im langen Zweivolkkasten mit einem weisellosen Mittelteil, der durch Absperrgitter abgetrennt ist und die belarvten Weiselnäpfehen aufnimmt. Dia Jungköniginnen lässt Marco Mantovani im „Kühlschrank“ schlüpfen. So nennt er den zum Brutschrank umgerüsteten alten Kühlschrank, wo er die Temperatur auf 36 °C bei 90% Luftfeuchtigkeit einstellt.Nach dem Schlüpfen kommen die Königinnen in selber gebaute Begattungkästehen mit drei zusammensteckbaren Wäbehen, so dass je zwei eine Dadantbrutwabe ergeben und zum mühelosen Beweiseln eines Fünfwaben-Ablegerkastens dienen  „Noch im Oktober tragen die Bienen Pollen ein, so dass die Ableger erstarken und ohne Zuckerwasserfütterung durchkommen“, erzählt Vater Mantovani. Das milde Klima der Toscana lässt mehr zu , als wir es im Alpenraum gewohnt sind. Andererseits gibt es auch in der Toscana recht viele Völkerverluste curch Krankheiten wie Virosen. Faulbrut und Varroamilben, Mantovanis sind gerade dabei, alte Waben von eingegangenen Völkern einzuschmelzen. In einem ausgedienten Camping-Zelt steht ein Gesbrenner, der im selbstkonstruierten Wachsschmelzofen Dampf erzeugt. Auf praktische Weise lassen sich rund 20 Dadantwaben in den viereckigen Schmelzhafen. Zur Verarbeitung des trocken ausgepressten Abdeckelungswachses verwenden Mantovanis einen runden Wachschmelztopf. Es fälltauch recht viel Abdeckelungswachs an, denn im Schleuderraum steht eine halbautomatische Entdeckelungsmaschine, die die eingeführten Honigwaben rasant abdeckelt, Nach dem Abtropfen gelangen die Wachspartikel in eine Obstpresse und als trockene Abdeckelungsklötze in dem Dampfwachsschmelzer zur Sterilisation. „Auch die Rähmchen werden zusätzlich nochmals im heissen Dampf entseucht, damit die Krankheitskeime abgetötet werden“, erläutert Berater Marco Mantovani.

Ein praktischer Schleuderraum

Nicht nur die Sorgfalt bei der Entkeimung von alten Beuten ist beeindruckend, auch das neu geplättelte „Honighaus“ mit der Schleuder, dem Honigsiebkasten, der Pumpe und den Lagerkesseln ist überlegt eingerichtet. „Wenn wir mit dem Lastwagen zum „Laboratorio“ kommen, laden wir die Magazine auf kleinen Paletten direkt vor der Türe des Schleuderraumes ab, fahren dann mit dem Hand-Gabelstapler herein zur Wanne, wo die Entdeckelungsmaschine steht“, erklärt Marco. Erstaunlicherweise prunkt dort keine grosse Honigschleuder. Die 16-Waben-Radialschleuder macht sich geradezu klein aus gegenüber den drei grossen 200-Liter-Honigpumpe und dem Honigauffanggefäss mit Wachsabscheider unter der Schleuder verbunden sind. Auch fällt die grosse Abfüllwanne mit dem Dosiergerät auf, das mit Druckluft arbeitet. „Das wir zu Hause auch Oliven pressen und abfüllen“, erklärt Marco, „haben wir-wie beim Abfüllen von Olivenöl-einen zweiten Abflusshahn beim Honig-Abfüllbecken angeschweisst. Dies ermöglicht uns, kleinere Serien abzufüllen und den Rest aus dem Abfülltank nochmals in Kesseln zwischenzulagern oder in die Lagertanks umzupumpen“. Das Honighaus Mantovanis ist eigenlich nicht gross, enthält aber alles, um funktionstüchtig zu sein. Auch Honiggläser stapeln sich neben der Abfüllmaschine. Die Etikettier- und Verpackungsarbeit erfolgt dann im Büro des Holzhauses neben dem Verkaufslokal. Und von hier erfolgt die Auslieferung an die Geschäfte im Tourismusort oder an die Privatkunden. Da sich Mantovanis „Laboratorio“ nicht unweit vom grossen Einkaufszentrum südlich von San Vincenzo befindet, kommen oft Honigkunden im „Bienengarten“ in Guardamare vorbei. Diesen zeigen Vater und Sohn gerne, wie sie Honig, Wachs und Propolis oder Gelée Royale verarbeiten. Und im Fotoalbum sieht man, wie sie die Völker in die Tracht verstellen. Honigräume mittels einfacher Hebe vorrichtung zwischen schieben, mit dem kleinen Raupenfahrzeug die Magazine zusammenführen oder die Schwärme von den Eucalyptusbäumen holen. Eine Kinderzeichnung an der Wand, die dem „Bappo“ gewidmet ist, zeigt, dass sich auch der Nachwuchs für die Bienen interessiert, von denen sich auch der sympathische Computerfachmann Marco und sein fröhlicher Vater Divo Begeistern lassen.


Imkerei anderswo 1997