BIENEN-ZEITUNG 5/2001

Zwei Schweizer Anfänger-Imker in der Toskana

Berchtold Lehnherr, Krattigstrasse 55,3700 Spiez

Erich Bleuler lebt schon seit 20 Jahren in der Klimatisch milden Toskana. Hier betreibt der Auslandschweizer eine Kleine Landwirtschaft und hat verschiedene Male zu imkern begonnen, es aber dann wieder aufgegeben. Erst beim vierten Anlauf hat es ihn nun richtig gepackt.Auch Lukas Berni stammt aus der Schweiz und ist Imkeranfänger in der Toskana. Er führt seit zwei Jahren mit seinen Eltern einen Bio-Gemüsebetrieb in der Nähe von Donoratico.
„Jemand gab mir zwei Beuten“, erzählt Erich Bleuler, „und ich beschaffte mir Bienenvölker aus der Nähe von Castagneto Carducci.“ Aber auch in der bienenfreundlichen Toskana, wo jeder Zaunpfahl zu honigen scheint, braucht es imkerliche Kenntnisse. Den Bienen lauern auch hier viele Feinde, und die verbreiteten Brutkrankheiten raffen ganze Bienenvölker dahin, Hornissen und Vögel fangen viele Flugbienen ab, und Mäuse sorgen im Winter für Aufruhr im Volk. So kann es vorkommen, dass die Bienenkästen im Nu wieder leer sind. „Um mich in der Imkerei weiterzubilden, begann ich auch, den „Schweizerischen Bienenvater“ zu lesen “begriff aber nicht viel davon“, erzählt Erich, der als Anfänger dann Hilfe vom Berufsimker Marco Mantovani aus San Vincenzo erhielt. Im Bienenkurs trifft er mit andern Anfängerkollegen jeden 4. Samstag zusammen. Wie anderswo an Imkerhöcks werden Praxisfragen diskutiert und Erfahrungen ausgetauscht.

Private Initiative

„Es dauert lange, bis man versteht, was eigentlich in den Bienenkästen abgeht“, gesteht Erich ein. „Divo und Marco sind aber ganz feine Imkermeister, die mir den Einstieg erleichtern.“ Diese machen sie uneigennützig und ohne Beraterhonorare. Auch kennt man  in Italien keine lokalen Bienenzuchtvereine. Jungimkerwerbung und Beratung bleiben der privaten Initiative anheimgestellt, und die Imkertradition wird in den Familien weitergegeben. Der Staat hilft nur regional und bei der Seuchenbekämpfung. „Für die Honigvermarktung bestehen jedoch harte Vorschriften“, sagt Erich, „der kleine Produzent hat kaum Chance, mit seinem Honig in die Läden zu kommen.“ Weitgehende Hygienevorschriften verlangen gekachelte Schleuderräume, Chromstahlgafässe und eine Imker-Ausbildung.

Mit Kind und Kegel in der Wildnis

Vor 20 Jahren zog Erich Bleuler mit Freundin und Kind in ein Seitental bei Castagneto Carducci, rodete das Land mit dem Gertel von Brombeeren und schlug sich mit Hund, Pferden, Shafen, Schweinen und Ziegen durch. Die langen Tage waren ausgefüllt mit strenger Arbeit. Neue Landstücke kamen hinzu. Bis zu 10 Hektaren bewirtschaftete  der ehemalige Bauzeichner aus dem Kanton Zürich. Auch die Familie wuchs. Die Kinder gingen zu Fuss bis zum nächsten Schulbus und mussten auf vieles verzichten, was andere an Komfort hatten. Erich half in der Ölmühle aus, wo er auch seine eigenen Oliven pressen konnte. Für die Familie baute er eine Schutzhütte aus. Doch hatte er anfänglich weder Strom noch Gas. Nur die Wasserversorgung und das steile Natursträsschen führten in die Wildnis, die von Fasanen, Hasen, Wildschweinen und Jägern bevölkert war.

Bienenparadies

Ausser Oliven und Weinanbau trägt hier eigentlich nichts wirtschaftliche Früchte.Doch diese bedingen auch teure maschinelle Einrichtungen. So bleibt Erich vor allem die Bienenzucht, der er sich nun verschrieben hat. Sein Bienenstand in der Nähe des Hauses ist umgeben von Corbezzolosträuchern, Erikastauden und Eichenwald. Damit die letzte Corbezzolo-Ernte genutzt werden kann, vereinigt Erich zwei Ablegervölker noch im Oktober. Zur Varroabekämpfung behandelt er im September mit Apilife-Var und schiebt zur Kontrolle des Totenfalls einen weissen Karton von vorne durchs Flugloch auf den Kastenboden. Sabine, Erichs Lebensgefährtin, stellt Kräuteressenzen her-für sich, die Familie und die Bienen. Erich möchte am liebsten auf die Varrosbehandlungen verzichten.- „Aber etwas machen musst du-“ sagt er aus Erfahrung mit dem Olivenanbau, wo Pflanzenschutz unentbehrlich ist.“Mein Lehrmeister Marco Mantovani weiss auch gut Bescheid mit der Varroabekämpfung“, sagt Erich.“ Er variiert mit den Medikamenten und bildet viele Ableger, um die verlorenen Völker zu ersetzen.“ Neue alternative Wege sucht aber auch der Anfängerimker. Sei es mit dem Bestäuben von Olivenöl oder der Verfütterung von Knoblauch-Hefe-Sirup oder mit homöopathischen Mitteln. Nur sicherer sei es, auf die Erfahrung von Marco zu bauen und zumindest im September mit Apilife-Var zu behandeln, damit die Völker bis in den Februar, wenn die Mandelbäume zu blühen beginnen, durchhalten und der Start in die neue Saison gelingt.

Lukas Berni, der Gärtner

Der gebürtige Valser und Bündner Lukas Berni studierte Geografia an der Uni Freiburg. Er machte dann aber den Gemüsebiobetrieb, den seine Eltern in der Toskana gekauft hatten, zum Beruf. Durch Zufall kam er zu Bienen.Der Bündner Aussteiger Joel Caluonder brachte ihm eines Tages zwei Bienenschwärme in Kartonschachteln und erzählte ihm von den Berufsimkern Marco und Divo Mantovani. Was sollte Lukas anderes tun, als mit der Bienenhaltung zu beginnen! Mantovanis halfen ihm mit zwei Dadantbeuten aus. Damit war der Einstieg gemacht und der „Draht“ zum Lehrmeister Mantovani gefunden.

Imkerhock und Dadantbeuten

Einmal im Monat trifft sich seither Lukas mit andern Anfängern zum Höck im Laboratorio Mantovani in San Vincenzo. Darunter befinden sich gebürtige Leute aus Schottland, Italien, Saudiarabien und der Schweiz. Zum Aufbau seiner Imkerei baute Lukas neue Dadantbeuten zusammen. Die Seitenteile, Boden und Deckbretter stammen aus der Bienenschreinerei von Guerri aus Montalcino.“Das Material Toscanini Berufsimker helfen sich und auch anderen

Berchtold Lehnherr, Krattigstrasse 55, 3700 Spiez

In San Vincenzo in der südlichen Toskana hegen Divo und Marco Mantovani neue Pläne mit dem Ausbau ihrer Imkerei.
Bevor sie aber zu produzieren beginne, haben sie die Absatzkanäle ausgebaut. Sie helfen aber nicht nur sich selber, sondern auch andern Jungimkern beim Aufbau ihrer Imkerei.

„Neuerdings haben wir unseren Honig auch im Coop-Supermarkt im Verkauf“, erklärt Divo Mantovani die neue Marketingstrategie der Imkerei von Vater und Sohn vor den Toren San Vincenzos. Marco, Divos Sohn, hat seinen Job als Computeringenieur in Piombino an den Nagel gehängt, um sich vollzeitlich der Imkerei zu widmen. Die Basis bilden rund 300 Völker auf verschiedenen Standorten entlang der küste und in den bewaldeten Hügeln der südlichen Toskana.Hier werden Marruca-, Erika-, Akazienhonig geerntet, während Sonnenblumen- und Melonenhonig von den Feldern in der Ebene anfällt.

Kleinlastwagen und Ökonomiegebäude

Die Anwanderung in die verschiedenen Trachten erfolgt neuerdings mit einem Allradangetriebenen Daewoo-Lastwagen, der gross genung ist, 24 Kästen aufs Mal zu transportieren, aber aufür eine Beute samt Dach, Varroaboden und Rahmen kostet keine 80 Franken“, sagt Lukas. Im Lager hinter dem Schuppen warten 15 fertige Kasten, die mit einem Leinölanstrich versehen sind, auf ihre Bevölkerung. Einige Ableger hat sich der Jungimker von Mantovani gekauft, weitere will er nächsten Frühling selber machen.“ Ich lerne Schritt für Schritt und schaue Marco ab, wie er die Varroa bekämpft. Auch Lukas’ Vater, Peter, der nach seiner Pensionierung in der Toskana lebt, wertet das Zusammentreffen mit Marco Mantovani als Glücksfall. Lukas und Erich schleudern gemeinsam und teilen auch ihre Erfahrungen aus. Ihr Millefiori-Honig aus Castagneto Carducci ist der goldene Lohn für die Stiche, die auch Anfänger erleiden müssen. Für ihren Honig haben sie jedoch noch längst keine Absatzsorgen, findet er doch in der eigenen Familie reissenden Absatz. Lukas ist nicht nur ein Imkerpionier, sondern baut auch Biogemüse an, das in Italien noch weniger verbreitet ist. Sein Bio-Olivenöl verkauft er hauptsächlich in seinem Bekanntenkreis in der  Schweitz. Auch dadurch brechen die Kontakte in die alte Heimat nicht so rasch ab.


Zwei Schweizer Anfänger-Imker in der Toskana